Ohne (viel) Worte

Photobucketn solchen ernüchternd idyllischen Tagen ertappe ich mich dabei, wie auch ich aus reiner Laune heraus in den Stadtkern aufbrechen, um dort die Wirtschaft dank meiner unerschütterlichen Kaufkraft anzukurbeln. Der Aufbau Ost darf ja schließlich nicht stagnieren. Und auch wenn dabei die Restmenschheit dank meines Scheuklappenblickes anteilnahmslos an mir vorüberzieht -abgesehen von den wenigen mir sympathischen Gestalten, die man aller Monate einmal zufällig trifft- so schaffen es doch vereinzelte Exemplare herauszustechen…
Da man nun nicht von Luxusgütern alleine leben kann, zog es mich in einen allbekannten Drogeriegroßmarkt. Zumindest in dessen Drogerieetage, welche über den Schreibwaren und unter den ganzen Modegedöns liegt. So hockend ich nun vor einem Regal mit Putzlappen und grübelte darüber nach, was nun der Unterschied zwischen baumwollenen Suprafasern und Microfasern sei. Und vor allem, was dabei die 5€ Preisunterschied ausmacht, wenn man mit dem einen noch nicht einmal nass wischen kann. Dinge die mich in dem Moment mehr beschäftigen als das Artensterben; zugeben. Jedenfalls lungerte ich in dem Gang herum, wie ich in solch sommerlichen Tagen zu lungern pflege. Nämlich mit US Marine Corp-Kurzhaarschnitt, mit schwarzer Armyhose in schwarzen Ledertretern, gehalten von grauem Armygürtel, schwarzer Sonnenbrille und schwarzem Kirlian Camera-Hemd in eben besagter Hose. Auf dessen Rücken der Aufdruck »UNITED GLADIATORS CORP – SUPPORTER« prangert. Warum ich das erzähle? Weil diese Erscheinung wohl einen Kunden dazu veranlasste mich zu fragen, ob ich denn vom besagten Kaufhaus sei. Auch wenn die Frage an sich schon schwer zu glauben sei. Denn was meint der denn was dort für Leute in was für Arbeitskleidung hantieren. Selbst die Ladendetektive sehen ziviler aus als ich.
Nett wie ich aber bin erhob ich mich, nahm die Stöpsel meines mp3-Dröhners heraus und verneinte dieses mit diplomatischer Freundlichkeit. Sollte als Signal zur Unangebrachtheit weiterer zielorientierter Kommunikation eigentlich ausreichen.
Darauf folgte aber noch die absichernde Frage: »Also sind sie Kunde«
Was antwortet man darauf? »Nein, ich bin von der Fremdenlegion und wollte hier mein Zelt aufschlagen. Nein, ich schüchtere nur die des Einkaufs überdrüssigen plärrenden Kinder ein, damit sie endlich ruhe geben. Oder…Nein, ich bin vom Katastrophenschutz und versuche nur die Bombe zu finden, die hier in drei Minuten detonieren soll. Beziehungsweise: Nein, ich bin Terrorist im Praktikum und will hier für meine Seminararbeit eine Bombe platzieren«
Was soll man schon sein, wenn man minutenlang auf verdammte Wollwischer starrt und hier bewiesener Maßen nicht arbeitet. Also entschied ich mich für eine Klärung und sagte lakonisch: »Auch« Schließlich hatte ich spontan ein Problem damit mich nur in meine Funktion als Kunde herabstufen zu lassen. War ich doch in meiner Person mehr als das. Ich hätte es aber lieber lassen sollen, da ich damit meinen Gegenüber wohl verwirrte und dieser nachharkte: »Also arbeiten sie doch hier?«
Nun gut, dachte ich, wer alberne Fragen stellt sollte auch wirklich präzise und völlig interpretationsfreie Antworten erhalten. Man darf solchen Menschen ja nicht zuviel Humor oder Denkarbeit zumuten, ohne Gefahr zu laufen, dass dieses zum Eigentor wird. Somit antworte ich pflichtbewusst mit »Nein«, worauf man sich schlagartig und etwas unwirsch dreinblickend abwandte.
Zugegeben, es steckt keine höhere Pointe in der Geschichte, bis auf die Tatsache, dass ich dort zudem meine Stammfotografin traf, die hinter mir an der Kasse kurz den Aufdruck des Hemdes überflog, meine Putzutensilien erspähte und mit dem geistreicheren Kommentar: »Du musst wohl die Arena putzen« den Tag rettete.
Jedenfalls können solche Ereignisse an einem vorüberziehen. Diese können kurz im Gedächtnis hängen bleiben und auf dem Parkplatz schon wieder in die Vergessenheit abdriften. Oder sie können einen trotz ihrer unbedeutenden Art noch tagelang beschäftigen. So zum Beispiel die Frage, warum ich so einen Blödsinn gefragt wurde. Und man dabei auch noch meine Antwort anzweifelte. Wenn ich beispielsweise in einem Laden stehen, diesen kurz sondiere und dabei die Angestellten anhand ihrer Arbeitskleidung herausfiltern kann, so renne ich doch auch nicht zu dem dumm rumstehenden HipHopper in Beutelhosen, Mammutshirt und Deppenmütze und frage den, ob er hier arbeitet. Was geht in solchen Köpfen vor. Kurzer Anflug von Realitätsverlust, wahnhafte Verwirrtheit oder einfach der Drang nach unbedachter Kommunikation. Was auch immer. Aber es ist schön, durch solchen Mumpitz zum Gespräch genötigt zu werden. Und was noch schlimmer ist: zur Unterbrechung eines edlen Titel im mp3-Spieler.
Da lob ich mir die Fotografin, der ich grinsend und im Gehen erwidern konnte: »Ja, damit sich die Tiere nicht zu heimisch fühlen« Eine Antwort, die gleichermaßen stimmte. Ebenso wie die dazugehörige Frage.

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