9ter Februar – Egoplasma

Ist es schon wieder Dienstag. Zeit ist relativ, pflegte einmal der geschätzte Herr Einstein zu erkennen. Und ich muss ihm Recht geben. Die Zeit relativ und zwar relativ gehässig. Selbst Rückblickend kann ich mich nicht daran erinnern, dass sie schon einmal auf meiner Seite war. Zu finsteren Zeiten, an denen man um deren Verstreichen bettelte, ließ sie die Minuten an einem wie Teer kleben. Schlich träge um einen herum und strafte jeden Blick auf die Uhr mit dem Stillstand der Zeit. Aber dann, wenn man sich auf die Schwerfälligkeit der Zeit freute, wenn man in dem Moment versinken will, dann setzt sie zum Sprint an, überrundet einen und tritt einem dabei noch so richtig in den Arsch. So auch jetzt. Vier Tage vergingen nach meinem letzten belanglosen Gedankenflug. Vier Tage die zu welchem Preis verstrichen? Der Fortschritt bezüglich der Überarbeitung meines Buches kann im Vergleich zu den Stunden als Witz angesehen werden. Das Einzige, was im privaten Bereich erwähnenswert wäre, ist, dass ich beim Training bei einigen Übungen eine Steigerung des Gegengewichtes erreichte.

Aber ich glaube, dass wird sich morgen wieder gegeben haben. Denn vorhin nahm ich erst den lästigen Verband meiner heutigen Plasmaspende ab. So etwas Ist schon eine Erfahrung wert. Vor allem, wenn man die schnelle Abfertigung von Vollblutspenden gewöhnt ist, bei der mein Rekord bei 4 ½ Minuten liegt. Aber bei Plasma…keine Chance. Nebenbei gesagt ist es schön, dass mir das Training wieder einen Plus wie ein Pferd bescherte -was immer das nun genau bedeuten mag- aber anscheinend schlägt meine Ernährung etwas auf den Eisenwert. 8,1 am Mittelfinger und damit in erster Instanz durchgefallen. Zum Glück brachte der Ringfinger 8,6 hervor. Dennoch gab mir das zu denken. Zum einen warum an beiden Fingern trotz gleichem Blutkreislauf zwei unterschiedliche Ergebnisse entstehen und zum anderen, weil ich mit meinem Eisenwert noch nie im Minimum lag. Da sollte ich wohl doch vor jedem Spendenantritt mal vorbeugend an einem Stahlträger lutschen.

Jedenfalls ist diese Prozedur zeitaufwendig und wenn man dabei nicht für die 45 Minuten Entspannung dankbar ist, hat man wirklich schlechte Karten. Man wird also angezapft und bekommt einen putzigen Stoff, der die Blutgerinnung manipuliert. Soweit so gut. Dann pumpt man in alter Spendetradition das Blut in einen Auffangbehälter. Man kann sich das ungefähr so vorstellen, als wenn man Tomatensaft durch die Espressomaschine jagt. So jedenfalls sieht die Apparatur aus und ich schaue ja bei solchem Treiben immer gerne zu. Dabei wurde bemerkt, dass ich noch munter meinen Kaugummi malträtierte. »Falls Ihr Kreislauf zusammenbricht oder Sie anderweitig einen Schock erleiden, so wären wir berechtig Ihnen den Kiefer zu brechen, um den Kaugummi herauszuholen« Nun gut, die Chancen stehen bei mir zwar schlecht, aber ein schlagendes Argument. Da tausche ich doch lieber den Kautschuk gegen die Vorfreude auf einen ordnungsgemäßen Kieferbruch. Während dessen wird das Plasma rausgefiltern und läuft in den Sammelbeutel. Ich fand es interessant zu sehen, wie die gelbe Flüssigkeit heiter perlend durch das Schlauchsystem lief. Wer das ebenfalls bildlich assoziiert wissen will, der denke einfach an Sekt. Genauso sah das aus. Wenn dann der Auffangbehälter für das Blut gefüllt ist, stoppt die Maschine und pumpt den ganzen Mist wieder zurück. Gegenüber der Vollblutspende ein recht netter Zug.

Danach geht der ganze Spaß von vorne los. Behälter vollpumpen, Plasma abziehen, Blut zurückschicken, Behälter vollpumpen, Plasma abziehen, Rest zurücklaufen lassen. So ungefähr 6x bis der Sammelbeutel voll ist und aussieht wie ein trübes prallgefülltes Gelkissen. Dann wird einem das Blut letztmalig wieder rein gejagt und als kleines Werbegeschenk gibt es einen Schuss Kochsalzlösung hinterher. Mit wohlgemerkt 12°C Temperaturunterschied. Ich 36°C, Kochsalz 24°C. Nun klingt 24° ja recht warm, aber ich hatte das Gefühl, mir friert es den Arm durch. Falls jemand schon mal völlig erschöpft und unterkühlt im Regen lief, so fühlte es sich im Arm an. Ich konnte richtig den Blutkanal fühlen, bis die Kälte durch die Körperwärme ab der Schulter wieder neutralisiert wurde. Ein interessantes Gefühl. Nur dieser Verband danach nervt. Es wurde heute zwar von zarten Krankenschwesterhänden abgebunden, aber dennoch. Druckverband bleibt Druckverband. Allerdings lieber das, als in den Mantel kleckern. Denn wie gesagt, der Blutgerinnungsblocker wirkt ja auch noch eine Weile.

Dennoch freue ich mich schon auf nächste Woche, denn dann, so überlegte ich mir heute, bitte ich einmal um eine Ampulle Plasma für meine Sammlung. Die kommt dann neben meine Ampulle mit meinem Blut und den Gefäßchen mit diversen wegoperierten Dingen. Andererseits, wenn ich meine abgelaufene Blutampulle so ansehe. Da könnte ich mir auch gleich noch eine neue mit abfüllen lassen…

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