ntdeckte ich bei meinem Streifzug durch den modernen Trakt des Gottesackers einen Stein, dessen Name nicht einfach nichts sagend an mir vorbeizog, sondern sogar drei Jahre der Erinnerung nach sich zog.
Standen diese gemeißelten Buchstaben doch plötzlich für die Lehrjahre, von denen mich auch schon wieder über ein Jahrzehnt trennte. So wie es jenen Menschen schon wieder fast ein Jahrzehnt vom Leben ausschloss. Es gab nur weniger, die mir aus der damaligen Zeit nicht völlig gleichgültig waren. Wenige, die meine Sympathie erlangten. Ehrlich gesagt waren es nur zwei. Und wie sagt der Volksmund: Die besten sterben jung.
Auch wenn diese nicht unbedingt jung starben, so gingen sie doch zuerst. Mein geschätzter Vorarbeiten, hinter dessen brummige Art und des Trotzes eines altgedienten Handwerkers doch immer ein ehrlicher Blick steckte. Und der einer der wenigen war, die mich nach meiner Rückkehr in die alte Heimat noch immer grüßten. Nun blieb der letzte Gruß ein Grablicht, das ich ungern vor sein Kreuz anzündete. Nicht wegen ihm, sondern wegen dem Anlass. Und auch dem nun entdecken Stein werde ich dieses nicht vorenthalten.
Doch vorerst verharrte ich schmunzelt. Lautlos wie frei von Regung. Hätte doch sein Ruheplatz nicht besser gewählt werden können. Da mit neckischer Emsigkeit zwei der Friedhofwächter um die umliegenden Bäume wetzten. An der Borke entlang rannten, hinabhechteten, in kurzen Bögen durch das satte Frühlingsgrün sprangen und mich für eine Sekunde sorglos anblickten.
Dann kletterten sie erneut und verschwanden in der Baumkrone. Die Rede ist von Eichhörnchen. Den lautlosen Gauklern und Nomaden der hiesigen Friedhofsanlagen. Den Harlekins und Baumgeistern. Deren wuseliges Wesen vieles von der Schwermut tilgen kann, die auf solchen Orten liegt.
Sowie die beschwingte Art dieses Menschen zu dessen Lebzeiten selten ein ernstes Wort für triste Momente übrig hatte. Lag es doch in seinem Wesen, schon mit passendem Spruch und Mimik in unsere Pausen oder Arbeitsorte zu plauzen, um die momentan dunkle Stimmung so frech wie eigennützig zu sabotieren.
Erinnerungen, die den nackten Namen in ein Gewandt aus Zeit und Momenten hüllen. Während die Krähe meine Schwermut mit krächzendem Feixen kommentiert. Die Bilder schwinden, springen ins Verborgen, wie die Eichhörnchen. Und während ich meine Kamera ausschalte und für den Abtransport fertigmache, dringt die Frage in mein Denken, was leichter zu fangen sei. Und was einem bei dem geglückten Versuch wohl nicht beißen würde. Und komme zu dem Entschluss, dass es wohl die Eichhörnchen seien.
Nach knapp 300 Bildern dieses Teiles des Gottesackers beschließe ich das nächste Mal den historischen Teil aufzusuchen. Und laufe zu meiner Überraschung einer einsten Kollegin aus ITS-Zeiten über den Weg. Es ist schon faszinierend, denke ich nach der auflockernden Unterhaltung, selbst die lebenden Bekannten, die man hier trifft, stehen in enger Verbindung mit dem Tod. Und wieder huschen die Erinnerungen vor mir über die Wege. War diese Dienstzeit doch eines der besten Jahre meines Lebens. Eines von drei. Dessen Farben schon längst aufgebraucht sind. Zerrte man doch zu lange von den Erinnerungen, bis sie abgenutzt im selben Grau verblassen, wie das Hier und Jetzt.
Ergreifend.
Dankbar habe ich die Aufheiterung durch die Eichhörnchen lesend in Empfang genommen.
Darf man erfahren, welcher Friedhof das ist? Oder hab ich es gar überlesen?
Überlesen wurde hier nichts, da ich es nur im Titel andeutete.
Es handelt sich um den Ostfriedhof, daher das »Ost«, meiner alten Heimatstadt. Und welche das ist, lässt sich durch unspektakuläre Recherchearbeit auf meinem Blog herausfinden. Die Bilder entstanden von dessen neueren Fläche. Mal schauen, vielleicht tingele ich morgen einmal über den historischen Abschnitt. Doch ich glaube dass dieser nicht sonderlich aussagekräftig gewesen war.
Das ernüchternde bei der Sache ist, dass Kulissen, die in natura bemerkenswert und recht fotogen erschienen, auf dem Bild völlig ausdruckslos dreinschauen. Der Umkehrschluss tritt zudem viel zu selten ein.
Und wie sagte Helmut Newton so treffend: »Die ersten 10.000 Aufnahmen sind die schlechtesten«
Oder Ansel Adams: »Zwölf gute Fotos in einem Jahr sind eine gute Ausbeute« Und diese Knaben mussten es ja wissen.