Der Wolf im Hundspelz

Photobucketür einige aus meinem Jahrgang war es ein Alptraum. Für manche noch immer ein Buch mit sieben Sigeln. Doch für mich ist es der Inbegriff der Entspannung. Das Pixelschupsen innerhalb der Bildbearbeitung.

Eine fast schon meditative Erfahrung, die in ihrer Art wohl orphis psychedelischen Nikotinfarbwelten recht nahe kommen kann. Natürlich ist man danach breit im Schädel, wie nach jedem exzessiven Rausch. Vor allem, wenn man an so etwas knappe 13 Stunden sitzt; ohne Unterbrechung. Und sich den nächsten Vormittag ebenfalls damit blockiert.

Doch was soll´s. Man kann Gott spielen und eine Welt erschaffen. Etwas, dass dem Schreiben bzw. Geschichtenerzählen nicht unähnlich ist. Man beginnt bei Null, es lauert einzig eine verschwommene Vorahnung im Kopf.
Eine Idee, wie der Rahmen eines Puzzles. Und erst nach und nach füllt sich die Innenwelt mit Leben. Bis man letztendlich vor dem Resultat sitzt und denkt: »Es werde Druck….und wer hätte gedacht, dass das so wird«

Das faszinierende bei solchem Unterfangen ist zudem, dass man sich jedes Mal auf das Neue mit der Welt befassen muss. Obwohl man diese gar nicht zu Gesicht bekommt. Doch Fragen wie: Spiegelt sich Nebel im Wasser? Wie schimmern Baumkronen bei Nacht und Nebel? Wieviel Prozent des gaußschen Weichzeichners sind glaubhaft? Und warum interessiert mich das, wenn ich eh in surrealen Maßstäben arbeite?
In welcher Anordnung fliegen eigentlich Flatterratten? Und warum ist dieser Köter fotogener als ich? …womit ich auch gleich das Soll der Freitagsfragen abgedeckt hätte.

Schade ist hingegen, dass ich mich persönlich zu selten zu solchen Späßchen aufraffen kann. Denn wäre dieses nicht indirekt eine Auftragsarbeit geworden, so wäre dieses Bild nie entstanden. Zumindest nicht von mir.
Denn laut Wahrscheinlichkeitsgesetz wird es irgendwann entstehen müssen, wenn man eine Million Affen vor eine Million Rechner mit eine Million Photoshop CS5-Lizensen setzt und diese dann eine Million Jahre lang beim affigen Herumklicken beobachtet. Aber wer von uns hat schon die Zeit.

Im Grunde hätte der Entstehungsprozess auch ein schönes »do…yourself« abgeben können. Man braucht nur das vom Auftraggeber vorgegebene Soll: in diesem Fall das Getier und das Gebäude. Dann sucht man nach einem Gestirn, vom Auftraggeber gewünschten, und fertig ist das Bild:
Photobucket

Je nach persönlichem Anspruch kann man dieses dann noch etwas aufhübschen:

Photobucket

Post scriptum: Das Bild wird mir definitiv noch mal als Vorlage zur Weiterbearbeitung dienen. Zumal ich nun auch auf einen doch gravierenden Logikfehler aufmerksam gemacht worden war. Dieser sollte schon noch ausgemerzt werden; trotz aller Wirklichkeitsverweigerung.

Wer diesen doch recht offensichtlichen Fehler finde, der bekommt einen Lolli.

6 Gedanken zu „Der Wolf im Hundspelz

  1. Interessant wären natürlich alle Steps zwischen den Bildern 1 und 2 gewesen… Du arbeitest mit Photoshop? Da das „Pixelschupsen“ – wie du es nennst – für mich nur reines Privatvergnügen ist, erspare ich mir die teure Lizenz und benutze nur das Freeware-Programm Photofiltre. Die Möglichkeiten sind allerdings im Verhältnis zur Profisoftware eher begrenzt. Eine Motiv-Verschmelzung oder ein nachträgliches Hinzufügen von Lichtstrahlen sind nicht drin, aber wollen wir mal nicht weiter meckern. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.

    Wusste gar nicht, dass die Pelztiere auf dem Wasser ohne Eigenspiegelung stehen können – es sei denn, es ist ein spezieller Wolf … ein Vampirwolf! Ähm – habe ich mir jetzt das Zuckerli verdient?

  2. »Vampirhund« …das könnte man glatt als Argument gelten lassen. Zumal die Stichworte »Wasser« und »Eigenspiegelung« ins Schwarze treffen; beim Hund wie beim Mond. Und wahrscheinlich gibt es noch genügend Ungereimtheiten mehr. Aber für den reinsten Photorealismus fehlte damals Zeit sowie auch Interesse.

    Die Zwischenschritte wären nicht so spektakulär wie man es erwarten könnte. Da ich einerseits recht experimentell an solche Arbeiten gehe und somit dutzende Schritte wieder im Leerlauf bzw. Papierkorb landeten. Andererseits hätte es ohnehin keine erkennbare Struktur gegeben. Und obendrein den Rahmen gesprengt. Aber mal schauen, vielleicht werde ich beim nächsten Hantieren daran denken.

    Als ich vor ca. 14 Jahren mit digitalen Collagen anfing, hatte mein damaliges Programm noch nicht einmal Ebenen. Heute frage ich mich, wie ich damals überhaupt arbeiten konnte. Und damals winkte ich bei Photoshop ab…so ändern sich die Sichtweisen.
    Das Haus Adobe lässt ihre Creative-Pakete reichlich vergolden, das stimmt schon. Aber mächtige Programme verlangen immer ihren Tribut. Egal in welcher Sparte.
    Doch immerhin erdachte Adobe eine Geste, die ebenso als ökonomisches Kalkül sowie als soziale Anständigkeit gewertet werden kann. Denn wenn man mit einem entsprechenden Studentenausweis oder einer dahingehenden Lehrbescheinigung wedelt, bekommt man die Programme für quasi geschenkt -zumindest im Verhältnis zum Originalpreis-

    Davon mal abgesehen braucht man unter rein privatem Interesse auch nicht jeder Lizenz hinterher zu jagen. Genügt doch der Standard von Photoshop CS2 für den Heimgebrauch völlig. Und dieser kostet ebenfalls nicht mehr die Welt.
    Zumal man ohnehin mit dem Programm arbeiten sollte, mit man sich auskennt. Was nützt es, mit Photoshop CS5 Extended und am besten noch der Lightroom-Modifikation zu prahlen, wenn man damit nicht umzugehen weiß.

  3. […]Da ich einerseits recht experimentell an solche Arbeiten gehe und somit dutzende Schritte wieder im Leerlauf bzw. Papierkorb landeten[…]

    Das hört sich irgendwie nach mir an… Bin sowieso der Typ „learning by doing“ – einfach drauflos und keine langen langweiligen Anleitungen durchlesen. Tja, und da wundere ich mich immer, wenn meine Kiste bei den unzähligen Experimenten erlahmt und ich minutenlang auf die Sanduhr starre, was nichts aber auch rein gar nichts mit Entspannung zu tun hat ;-) Fenster auf und hopp – raus damit!

    […]Genügt doch der Standard von Photoshop CS2 für den Heimgebrauch völlig. Und dieser kostet ebenfalls nicht mehr die Welt[…]

    Zwei Argumente, die mich überzeugen und an eine Anschaffung denken lassen.

    Aus deinem letzten Satz spricht die Weisheit, die man mit ein bißchen wundersamer Abwandlung in alle möglichen Alltagssituationen anpassen kann!

  4. Minutenlanges anstarren der Sanduhr…das kenne ich noch. Als ich damals meine Abschlussarbeit für´s Studium erarbeitete und mit Hilfe des Hauses Adobe meinen alten Rechner an die Leistungsgrenze getrieben hatte.
    Knappe zwei Monate nach Erhalt der Abschlusszeugnisse gab dieser dann endgültig den Geist auf.
    Aber es ist schon schön gewesen, das Warten. Drei Minuten auf die Errechnung eines Filters gewartet, danach für Mist befunden, rückgängig gemacht und wieder gewartet.

    So wie ich sehe, scheint es Photoshop CS2 gar nicht mehr so ohne weiteres im Hantel zu geben. Was ich natürlich für recht unhöfflich erachte. Ich fand nur ein paar Exemplare bei ebay, deren Verkäufer aber sämtliche Realitäten verloren zu haben scheinen. Zumindest schätze ich das anhand der utopischen Zahl neben dem Wörtchen »Sofortkauf«
    Denn wenn ich im Handel für CS5 knapp 900 € hinlege, dann würde ich einen Teufel tun und für die gebrauchte CS2-Version bei ebay 500 hinblättern. Denn wer diese Summe aufbringen kann, der kann auch noch etwas länger für das stärkere Kaliber sparen, bei dem er dann aber auch sicher sein kann, dass dieses neuwertig und garantiert ist.

    Aber am besten die einmal Wühltische durchforsten.

    […]Aus deinem letzten Satz spricht die Weisheit, die man mit ein bißchen wundersamer Abwandlung in alle möglichen Alltagssituationen anpassen kann![…]

    In der Tat. Der Kontrast zwischen Schein und Sein tritt allzu oft allzu deutlich hervor.

  5. Virtuell habe auch ich mich auf die Suche begeben. Das, was dort einem feil geboten wird, erscheint tatsächlich maßlos übertrieben zu sein. Nein Danke – ohne mich.

    Bis auf weiteres werde ich dann weiterhin der kostenfreien Version des Photofiltre Studio X treu bleiben. Als ich im früheren Jobleben noch Marketing- und Kommunikationstechnisch unterwegs war, konnte ich mich an Photoshop kreativ austoben (welche Version das auch immer war). Allerdings sind im Laufe der Zeit einige handwerklichen Kniffe in Vergessenheit geraten. Deshalb dachte ich, du könntest mir hier anhand deiner netten Nachtspezies einen „Guldhan´schen Tipp“ geben, wie man am effektivsten und ohne viel herumzufuscheln zwei Motive zum schmelzen bringt ;-)

    Sowieso ist es in vielen Fällen schon ausreichend, wenn man ganz simpel nur den Farbverlauf (Farbton) ändert oder mit den Helligkeit- und Kontrastwerten spielt. Es sei denn, eine Grundveränderung ist beabsichtigt – allerdings kann das meist auch ins Künstliche abdriften.

    Aber ist es nicht ein wenig erschreckend, was man heutzutage alles technisch verfremden kann? Man denke an die dargebotene Scheinwelt der Werbung, die uns wie eine Matrix umgibt und die uns glauben machen möchte, dass eine 60-jährige plötzlich wie 20 aussieht (und das ganz ohne Botox oder OP) und die angefressenen Fettschenkel ohne jemals Sport betrieben zu haben plötzlich weggeschmolzen sind. Wohin soll das alles noch führen? Da fällt mir ein Film ein, den ich letztens gesehen habe… weiß nicht mehr, wie der hieß, aber da hingen sich die Menschen an eine Maschinerie und ließen den jeweiligen jugendlichen dynamisch-sportlichen Avatar für sich auf die Straße gehen, obwohl sie selbst vom Zerfall gezeichnet waren…

  6. Dann solltest Du auch weiterhin Deinem Programm treu bleiben. Denn solange es alle Dienste erfüllt, gibt es ohnehin keinen Grund für einen Wechsel.

    […] wie man am effektivsten und ohne viel herumzufuscheln zwei Motive zum schmelzen bringt […]

    Effektiv und ohne viel Arbeitsaufwand, das funktioniert ohnehin nur in wenigen Fällen. Alle Motive, die nicht gerade vor einem monochromen Hintergrund stehen, dessen Farbe zudem nicht in den Umrissen des Motivs vorkommt, verlangen eine gewisse Tüftelarbeit.

    Pauschal ist es schwer, etwas zu dem Thema zu sagen. Da es immer drauf ankommt was man freistellen will. Transparente Motive verlangen eine andere Herangehensweise als beispielsweise Fell oder Haare. Und dieses unterscheidet sich wiederum zu konstruierten Objekten.
    Ich könnte höchstens zwei Tipps mit auf den Weg geben, zumindest für Photoshop:

    Zum Freistellen der zu verschmelzenden Objekte ist es ratsam, dieses über die Ebenenmaske zu tun. Da man dadurch extrahierte Bildinformation jeder Zeit wieder zurückholen kann. Es geht nichts unwiderruflich verloren wie beim »Radiergummi-Werkzeug« Und wenn das Motiv dann exakt ausgeschnitten ist, kann die Ebenenmaske angewendet werden.
    Wenn man wirklich genötigt ist, filigran und per Hand freizustellen, so ist es von Vorteil, das Polygon-Lasso-Werkzeug zu nutzen und den Motivumriss zu »Punktieren« sowie eine kaum merkliche weiche Kante einzugeben. Diese hat den Vorteil, dass die Freistellung exakter wirkt, da man sich nicht mit scharfen und dominanten Schnittkanten rumärgern muss, sondern durch jenen Umriss schon der Hintergrund durchschimmert und somit einen besseren Übergang erzeugt.

    Ich werde mal schauen, da ich nun meine Fotoausrüstung aufgestockt habe, hoffe ich, wieder die Energie und Motivation zu finden, um auf regelmäßige Fotosafari zu ziehen und damit mein Bilderarchiv auszubauen. Wenn dieses der Fall ist, werde ich auch wieder verstärkt an Collagen arbeiten und auch einmal den Weg zur fertigen Collage hier reinsetzen. Aber erst dann, denn ohne eigenes Sammelsurium an Ausgangsbilder lohnt das nicht.

    […] Allerdings sind im Laufe der Zeit einige handwerklichen Kniffe in Vergessenheit geraten. […]

    Geht mir nicht anders. Da ich auch nicht täglich davor sitze, sondern stellenweise monatelang nicht damit arbeite. Zumindest was komplexe Bildbearbeitung anbelangt. Schnell geraten dabei Arbeitsabläufe in Vergessenheit.
    Zumal ich dabei auch nicht hinter jeden Trick gestiegen bin allzu oft über holprige Umwege zu einem Endeffekt komme, den ich auch einfacher hätte erreichen können. Aber was soll es. Hauptsache das Ergebnis steht am Ende.

    […] Sowieso ist es in vielen Fällen schon ausreichend, wenn man ganz simpel nur den Farbverlauf (Farbton) ändert oder mit den Helligkeit- und Kontrastwerten spielt. […]

    In der Tat werden im Haushalt solche Programme meist nur genutzt, um die Urlaubsbilder oder den Schnappschuss des Gartengrills aufzupolieren. Tonwertkorrektur, die Belichtung abgleichen, Rote Augen korrigieren und fertig. Manche spiele noch mit Filtern oder kopieren zwei bis drei Motive zusammen und das war es dann auch schon.
    Dafür braucht man sich aber nicht derartige Kaliber wie beispielsweise Photoshop CS5 anzuschaffen. Denn auf den normalen Haushalt bezogen wäre das so, als würde man einen Staudamm flutet, um Wäsche zu waschen. Zwar wird das Laken sauber, aber man hätte es auch einfach haben können.

    […] Aber ist es nicht ein wenig erschreckend, was man heutzutage alles technisch verfremden kann? Man denke an die dargebotene Scheinwelt der Werbung, die uns wie eine Matrix umgibt. […] Wohin soll das alles noch führen? […]

    Diese Welt hat sich soweit pervertiert, dass das Erhalten der Natürlichkeit innerhalb der Werbung und Bildbearbeitung schon wieder als neue Kunstform gilt.
    Magermodels werden grundsätzlich die hageren Glieder aufgepolstert und die knorrigen Rippenbögen geglättet, Beine werden ohnehin auf Idealmaß geformt und auf dem erschlaffenden Hals des älteren Jahrgangs sitzt ein Gesicht mit der Spannkraft eines Teenies.

    Wohin das führt sieht man ja. Eine Verzerrung der Selbstwahrnehmung. Jeder erfolgreiche Mensch wird erst einmal optisch perfektioniert, bevor man genötigt wird, dessen Erfolgsgrinsen zu ertragen. Und somit wird unterschwellig assoziiert, dass man Erfolg hat wenn man schön und perfekt ist. Was sich in selbstzweifelnden oder unstabilen Mentalitäten zu einer Wahrheit festsetzt: Nur wer schön und perfekt ist hat auch Erfolg.
    Junge Mädels, die ihren Körper sonst wie auszerren oder modellieren, um mit denen mitzueifern, die auf dem Laufsteg ohnehin jegliches Körperbewusstsein verloren haben. Oder Kerle, die schon im dritten Kraftsportmonat mit Ampullen um sich werfen, weil sie meinen, erst ab Schwarzeneggerformat eine gewisse Männlichkeit zugesprochen zu bekommen.
    Die Gesegneten werden zur Normalität erklärt und sämtliche Erfolgsfiguren werden auf Segnung »getuned« Um anschließend als Perlen vor das Volk geworden zu werden, das sich dadurch natürlich optisch wie Säue fühlt. Weil es sich beeindrucken lässt und meint, dass jener Photoshop- bzw. Makeup-Artist-Gestalten auch genauso auf der Straße begegnet werden kann.

    Ich erachte das Wesen der heutigen Bildbearbeitung einfach nur als ein Armutszeugnis. Nicht einmal die Tatsache, dass der Unterschied zwischen dem Rohmaterial des Fotografen und dem Abdruck im Hochglanzmagazin sämtlicher Wirklichkeiten spottet.
    Es ist vielmehr die Dreistigkeit, mit der versucht wird, den Betrachter jenes Bild als Realität vorzuhalten. Und ich habe schon genügend Portraits in vermeintlich professionellen »Edel-Illustrierten« gesehen, bei denen ich mir nicht vorstellen kann, dass diese vom Betrachter ernst genommen werden können. Ausdruckslos gebügelte Puppengesichter, bei denen der Pixel-Dompteur von der Abteilung der Bildbeartung wohl so in Ekstase geriet, dass sämtliche Mimikfältchen extrahiert und jeder Bezug zur natürlichen Anatomie getilgt wurden.

    […] weiß nicht mehr, wie der hieß, aber da hingen sich die Menschen an eine Maschinerie und ließen den jeweiligen jugendlichen dynamisch-sportlichen Avatar für sich auf die Straße gehen, obwohl sie selbst vom Zerfall gezeichnet waren… […]

    Ich schätze du meintest »Surrogates«, mit Radha Mitchell und Bruce Willis.

Schreibe einen Kommentar