2tausend und eine Nacht. Und es hat »Boom!« gemacht.

Photobucketie unsensibel? Doch ich darf das. Schließlich wurde auch ich an den Tagen nach dem großen Tower-Crash von unseren Staatsmännchen zwangsamerikanisiert. »Jetzt sind wir alle Amerikaner« Schön dass wir gefragt wurden.

Zudem bin ich zugedröhnt bis in die kurz rasierten Haarspitzen. Abgefüllt mit Antibiotika und Clarithromycin, mit Acetylsalicylsäure und Paracetamol und konnte somit den heutigen Gedenktag gar nicht richtig mitfeiern. Das einzige was ich kann, ist dem heutigen Volkssport beizuwohnen. Der schon als ehrenvolles Vorfeiern in das 10-Jährige Jubiläum begonnen hatte.

»Wie erlebten Sie den 11ten September 2001?« Auch wenn die Frage eher darauf abzielen sollte, wie es uns gelang, die Tage nach dem Datum zu überleben, wurden Scharren von Antworten durch die Faserkabel gejagt. Glaubensbekenntnisse und Situationsabbilder welche die Schergen der Schreckenserhaltung jener Momente in die digitalen Dokumente flennten. »Wir waren zu tief entsetzt«
Entsetzen, Schrecken, Schock und Stille. Emotionen, die gar nicht wusste Wohin und Warum, stiegen mit dem Abfallen der Fassaden empor. Kurz bevor sich später eine neue Zeitrechnung wie ein Phönix aus der Asche zweier Stahlriesen erhob. Als für einen Moment das Lachen verstummt, der Clown im Zirkus schwieg, die Hyäne aufhörte zu feixen und sich der Antiamerikaner auf die Zunge biss.

Wie erlebte ich den 11ten September 2001? Ein Dienstag, sowie laut Kalender auch nächstes Jahr wieder. Das elfjährige Jubiläum des Elften. Und auch wieder an einem Dienstag. Welch´ Potenzial für die Gedenkarbeit, doch ich schweife ab.
Ich war in Weimar. Und schwelgte im dem, was ich eigentlich vor fünf Jahren schon hätte anstreben sollen, meinem Abitur. Wenn auch noch in der ersten Runde.
Nachdem ich den Unterricht hinter mich brachte, eilte ich zum Bahnhof. Trieb es mich doch angesichts des Besuchs meiner damaligen Freundin recht schnell nach Hause.
Nichts ahnend, dass meine gleichgültige 11ter-September-Laune eigentlich zu einer Gefühlswelle des Entsetzens, der Wut und Klage hätte werden sollen. Und so stand ich ungläubig im Bahnhofs-Foyer und betrachtete skeptisch die aufgescheuchte Meute in ihrer erstickenden Reiselust.

Was war geschehen? Waren die Bananen ausverkauft? Wurde das Ende des kalten Krieges für ungültig erklärt? Die Mondlandung doch in Disneys Hobbykeller gedreht? Oder gelang es den Amis endlich, wenn auch mit Verspätung, die Atombombe über Dresden abzuwerfen? Ich wusste es nicht. Sollte aber schnell und ungefragt von meinen Kommilitonen aufgeklärt werden.
»Bombe« war schon nicht schlecht, blieb aber rein hypothetisch wie metaphorisch. Gefallen waren eher die Begriffe »World Trade Center« sowie »Flugzeug«, »Anschlag«, »Amerika« und »Kaputt« Wobei, letzteres war meine Frage gewesen. Wahrscheinlich hätte ich besorgt sein müssen, auch mit entsetzter Miene wie geistesabwesend in die Bahn stolpern. Doch was wusste ich damals, was nun genau ein World Trade Center sei. Klang für mich eher wie eine billige Einkaufmeile. Kundenfreundlich aufgehübscht durch zwei neue Landeplätze für Privatjets.

Das dem doch nicht ganz so war, dass sollte ich am späten Nachmittag erfahren. Ich gebe auch zu, dass ich gerade erst mein erstes Abiturjahr begonnen hatte und mich somit noch nicht in der Architektur Übersees auskennen konnte. Hätte ich geahnt, dass man über fundamentales Wissen bezüglich amerikanischer Bürogebäude verfügen muss, um seiner Bürgerpflicht der globalen Anteilnahme nachzukommen, so hätte ich da Vorbereitungen getroffen. Doch so etwas sagt einem ja auch keiner.

Zuhause angekommen erwartete mich dann das volle Elend. Der Fernseher lief und betroffenheitsgebeutelte Nachrichtensprecher zeigten die kerosinbetriebenen Abrissbirnen in allen möglichen spannungsladenen Perspektiven und Zeitraffern. So dass es allmählich langweilig wie banal geworden war. Klugschwätzige Untergangsprognostiker bangten um die Stabilität der Börse und manch ein Regisseur klagte, das er noch nicht auf solch einen Effekt gekommen war. Etwas, dass man schnell in Gedenkfilmen nachholen musste.

Irgendwann wurde es meiner Freundin und mir zu albern und wir widmeten uns unterhaltsameren Dingen. Immerhin hatte ich bei der ungewohnten Stille in der Bahn die seltene Gelegenheit, schon meine Hausaufgaben in voller Konzentration erledigen zu können.

Shit happens… Warum also so aufgeregt. Und warum diese Schweigeminute, bei der ich sowieso nur gelangweilt aus dem Fenster glotzte. Warum schweigen? Die Toten haben ohnehin nichts mehr zu erzählen. Diese wurden entweder zerbröselt oder irrten noch lebend durch das Treppenhaus, panisch, wie Ratten in der Gaskammer.

Warum sollte ich Entsetzen zeigen. Bin ich doch Deutscher. Bin ich doch Nazi und habe in den Augen vieler Juden und anderen unpassenden Gestalten ein Grab in den Lüften beschert.
Zugeben, vielleicht war ich auch unsensibel.
Doch während sich der amerikanische Gutmensch zu einem ewigen Deutschland-gleich-Hitler-Argument animiert sieht, um seine moralische Überlegenheit zu demonstrieren, sollte er seinen Blick doch einmal mehr in sein eigenes Land werfen. Aber wer erkennt schon den Dreck vor der eigenen Tür, wenn er sich stattdessen an Falschparkern ereifern kann.
Unter Hitler ging die eigene Bevölkerung zugrunde. Natürlich; wie unter jeder guten Diktatur. Wobei der NS-Staat zudem noch unter der Leitung geistgestörter Soziopathen und egomanischen Psychopathen stand. Doch welche Ausrede hat dahingehend Amerika?

Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein. Muss kein albernes Geschwätz von Rauchschwall-Teufelsfratzen absondern. Oder meinen, dass die Flugnummer im Wingdings-Font einen Schädel, Flugzeug, Davidstern und zwei Türme ergibt. Oder weiß der Geier. Mann muss nur einmal die öffentlichen Berichte lesen, sich das Wesen der Untersuchungskommission anschauen, die den Regierigen nicht einmal soviel wert war, wie die Aufklärungsarbeit zu jener Blowjob-Bürotussy des vorhergehenden Präsidenten.
Mann muss nur 1 und 1 zusammenzählen und die amerikanische Staatsmann-Mentalität aufaddieren. Um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass hierbei doch die eigene Bevölkerung als Collateral Damage innerhalb eines Interessenkonfliktes geriet.

Wem soll ich also gedenken? Den Opfern? Hilft es ihnen. Treten sie dadurch wieder hervor, aus dem Hades menschlichen Ablebens? Wohl kaum. Aber es wäre eine nette Geste. In der Tat. Doch würde der bittere Beigeschmack bleiben, dass jene Trauerarbeit von eben jenen ausgerufen wurde, die definitiv mehr wissen, als sie zugeben. Und die an jenem Tag mehr über Leben und Tod entschieden, als es ihnen zugestanden hätte…
Die amerikanische Führung zeigte oft genug, dass nicht nur die eigenen Landesinsassen, sondern gleich die ganze Weltbevölkerung als Nutztiere für die eigenen Bedürfnisse herhalten mussten. Sie übten sich oft genug in Propaganda und Faktenbiegung, um jeden persönlichen Nutzen zu verklären oder gut gerüstet für Lobbyarbeit in See bzw. ins Land zu stechen.

Wurde doch Skrupel zumeist nur vor den Lautsprechern zweckvermarktet, Patriotismus aus der Lobby zelebriert und die Selbstaufgabe zum Wohle des Pöbels geheuchelt. Im »Land of the Free«
In dem nichts unmöglich sein soll und jeder seine Freiheit finden kann. In dem somit auch nicht unmöglich ist, sich nach einem nüchternen Mordanschlag von aller Welt trösten zu lassen. Als wäre man die arme kleine Nichte, die im Garten vom bösen Nachbarsjungen in den Teich geschupst wurde.
Während doch allzu viele wissen, dass jenes Bündel plötzlicher Unschuld gerne mal mit dem Luftgewehr auf Hund schießt, Katzen den Schwanz anbrennt, Käfer zertritt und im Elternhaus den Diktator markiert.

Terror? Ein Land, dem noch immer sämtliche vernünftige Absicherung innerhalb der Bevölkerung entzogen wird. Dem mit den humanen Maßstäben des Sozialismus noch immer Angst gemacht werden kann, besitzt schon längst seinen eigenen Terror-Kader. Gegen den ein 11ter September wie ein trivialer Mordanschlag dasteht.
Und nichts weiter war es. Ein alltäglicher Mordanschlag. Erdacht aus kranken Hirnen und ausgetragen von Leben, die zur gewohnt falschen Zeit am richtigen Ort waren. Nichts mehr und nicht weniger. Einfach nur Massenmord. »Terror« nennt es nur die Agitation. Nennt es nur der Apparat, dem diese Opferrolle nicht ungelegen kam. Und somit ganz nebenbei der Aktion ihr volles Gelingen zugesteht und die Toten noch einmal mehr ins Verderben stürzt.

Zudem ist »Entsetzen, Bestürzen, zu tiefste emotionale Lähmung« einzig nur Geschwätz des ethischen Willkürmenschen. Und dessen soll man sich annehmen? Vieviele sterben denn jeden Tag. Vor ihrer Zeit. Durch Gewalt, durch staatliches Kalkül und menschliche Dumm-Dreistheit. Entweder ich beklage jeden und ertrinke im Tränenmeer oder mir ist das alles ehrlich egal. Dann aber allgemein und gleichmäßig. So wie die wohl ewige Frage: Do you ever get the feeling that everything in America is completely fucked up?

9 Gedanken zu „2tausend und eine Nacht. Und es hat »Boom!« gemacht.

  1. Bei welchen Todesfällen die Bevölkerung mit Bestürzung reagieren muss, entscheiden die Medien und die Politiker. Nicht jedes Menschenleben ist gleich viel wert. Was interessiert uns schon die Hungersnot in Afrika? Diese ist ja nicht medienwirksam darstellbar. Außerdem könnte man ja behaupten, dass daran ganze westliche Staaten (also wir) zumindest eine Teilschuld haben. Wer will das schon hören.
    Als ich kürzlich in Norwegen war, fand ich die unübersehbaren Trauer- und Gedenkstätten für die Opfer des Anschlags auf der Insel Utöya ziemlich befremdlich. Ebenso wie das Tragen eines Trauerflors bei deutschen Fußballspielen. So gesehen könnte – nein: müsste – man jeden Tag entsetzt und betroffen sein, Schweigeminuten einlegen, Kränze niederlegen und Trauerflor tragen.
    Warum ist das durch eine fehlgeleitete Bombe aus dem Leben gerissene afghanische Kind weniger wert als ein am 11. September im WTC umgekommener Amerikaner?
    Ich empfehle die Gedanken von dem von mir hoch geschätzten Kabarettisten Volker Pispers zum Thema 11. September, Terrorismus und seine Folgen – besser kann man es kaum ausdrücken: http://www.youtube.com/watch?v=n4H_E8b-qmo

  2. Dito. Der Grund für Bestürzung ist einerseits persönliche Willkür und andererseits Vorgabe der Massen. Wobei letzteres die persönliche Entscheidung definitiv bedingt.
    Das wäre auch nicht einmal das Problem, wenn man bei gegenteiliger Meinung nicht automatisch zu Buh-Mann wider Willen werden würde.

    Man muss ja kein Soziopath sein, um dahingehend desensibilisiert zu wirken. Denn konsequent wäre es, bei jedem unschönen Tod eine Schweigeminute einzulegen. Wie Du schon geschrieben hast. Allerdings würde man dann überhaupt nicht mehr sprechen dürfen….

    Volker Pispers ist ein weiser Mann. Zudem gelingt es ihm immer wieder den Tag zu retten, obwohl der Inhalt seiner Worte diesen eigentlich verderben müsste. Ähnlich Georg Schramm und andere, ohne die mir längst das Hirn sauer geworden wäre.
    Jener youtube-Ausschnitt -seiner »Bis neulich« DVD von 2004- beinhaltet definitiv Pispers brillanteste Rhetorik; dieses Thema betreffend. Für mich ungeschlagen gegenüber neueren und älteren Versionen.

  3. Es ist schade, dass sich scheinbar recht wenige Kabarettisten auf dem hohen Level eines Volker Pispers bewegen (oder kenne ich diese nur nicht?). Georg Schramm schafft es durchaus hin und wieder diese „Höhen“ zu erreichen. Danke für die Links (ein großer Teil davon war mir bisher unbekannt). Manche seiner Figuren können mich aber auch nicht so wirklich „begeistern“. Ich bin übrigens für Tipps bzgl. guten Kabarettdarbietungen immer dankbar.

  4. […] oder kenne ich diese nur nicht? […]

    Die meisten von diesem Schlag drängen sich nicht auf. Verherrlichen sich nicht im öffentlichen Werbewesen und in den Trivialmedien. Die stehen lediglich auf der Bühne und besitzen genug Arroganz um sich entdecken zu lassen…zu müssen. Virtuose »Comedians« übrigens ebenso. Piet Klocke oder Gunk beispielsweise, die beide in ihrer Art nicht unterschiedlicher sein könnten.
    Was wahrscheinlich auch daran liegt, dass sie keine zielgruppenrelevante Werbeträger darstellen würden, wie eben ein Barth oder Pocher. Muss man doch bei Piet und Gunkl konzentriert mitdenken, um die Pointen mitnehmen zu können.

    Auf Gregor Schramm stieß auch nur durch Zufall über youtube-Verknüpfungen; die dahingehend sogar einmal einen erkennbaren Wert besaßen.

  5. Ja, leider zählt nicht die Qualität, sondern wie Du schon sagst die Akzeptanz bei der werberelevanten Zielgruppe. Und hier ist Denken nicht angesagt. Scheinbar zu anstrengend. Wie man solchen Tieffliegern wie Pocher oder Cindy aus Marzahn überhaupt so eine große Plattform bieten konnte und kann, ist mir ein Rätsel. Oder besser gesagt: Warum diese bei einem großen Publikum ankommen und darüber hinaus auch noch mit Preisen ausgezeichnet werden, ist schwer nachvollziehbar, was aber letztendlich irgendwie doch meinem Weltbild entspricht. Und in dem von Dir angegebenen Link spricht Gunkl ja auch das Problem an: Zu viel Sendezeit im Fernsehen muss gefüllt werden. Glücklicherweise gibt es zwischen dem ganzen Schwachsinn im deutschen TV und auf deutschen Bühnen immer wieder Lichtblicke. Gerne erinnere ich mich an Richlings Reden als Horst Köhler: http://www.youtube.com/watch?v=Zmx3U7ljIQs
    Die Qualität der Kabarettisten haben auch Politiker erkannt (als Qualitätssiegel sollte man dies aber wohl nicht sehen): http://www.youtube.com/watch?v=pKnCsCwMEzU

  6. Das Problem wird nicht alleine beim Denken bleiben. Man muss sich die Kabarettisten einfach nur mal anschauen. Meines Wissens nach durch die kompletten Reihen hindurch studierte Menschen, die sich dreimal überlegen, für was sie ihr Gesicht hergeben. Es ist wirklich erstaunlich, fand ich doch bis jetzt noch keinen Kabarettisten ohne ansehnliche Hörsaalerfahrung. Und was sind das dann für Gestalten? Entweder dicke oder hagere alte Männer und verklärt abgeklärte Biedergestalten, die ernst in Interview-Sendungen sitzen und differenzierte überlegte Sätze loslassen. Das passt einfach nicht auf ein BRAVO-Poster. Wobei…das wäre mal ein Starschnitt. Den würde ich mir definitiv über den Schreibtisch hängen

    […] Wie man solchen Tieffliegern wie Pocher oder Cindy aus Marzahn überhaupt so eine große Plattform bieten konnte und kann, ist mir ein Rätsel. […]

    Für mich ist Kabarett gegenüber Comedy wohl erst dann richtig zu schätzen, wenn es schon nahe der absoluten polemischen Massenverachtung steht, gepaart mit altgriechischer Rhetorik. Und gegenüber Comedy, welche heiterlaunig diverse Lebensfassetten beulkt, scheint der Schnitt des Kabaretts auch wirklich ein verbitterter Querulant mit Hang zum Zynismus zu sein. Schramm, Somuncu oder Pispers; je größer die Verachtung, desto besser der Text. Wobei Volker Pispers durch seinen Wortwitz harmloser wirkt als der Inhalt seiner Worte aufzeigt.

    Allerdings bin ich kein Freund der »Kabarett-vs.-Comedy-Debatte« Beides hat seinen Freundeskreis und seine Berechtigung. Ebenso wie Fußballvereine und Schachclubs. Doch Fakt ist, dass Comedy leicht verdaulich ist und auch sein muss, was viele vergessen.
    Das kann man sich mit Kopfschmerzen zur Ablenkung antun oder eben auch am Freitagabend, übermüdet von einer Hochdruckwoche, durchstehen. Während man beim Kabarett Hintergrundwissen braucht, um vieles überhaupt lustig finden zu können. Man muss allgemein interessiert sein und mitdenken. Beziehungswitze erfordern keinen wachen Geist und kein Assoziationsvermögen. das kennt jeder von Zuhause, nur dass im eigenen Heim die Pointe fehlt. Davon mal abgesehen brachte das Thema Jürgen von der Lippe vor einigen Jahrzehnten schon eloquent auf die Bühne:

    http://www.youtube.com/watch?v=i0Vh1x-d96Q&feature=related
    http://www.youtube.com/watch?v=PAkkEJRE0Mg&feature=related
    http://www.youtube.com/watch?v=eU2s-U6fJSw&feature=related

    Kabarett ist keine leichte Kost für nebenher. Allerdings wurde der Bevölkerungsgroßteil schon erfolgreich »banalitätskonditioniert« Alles muss ebenso schnell verdaulich wie geistig abbaubar sein, um als Kurzzeit-Kick konsumiert werden zu können. Damit es nicht von den anderen drei Dingen, die zeitgleich unsere Aufmerksamkeit bekommen, ablenkt und Platz lässt für den nächsten Spaß, der schon mit den Hufen scharrt.
    So ist das Leben gestrickt. Angefangen beim Sozialleben, dass mit Facebook, Twitter oder icq den zwischenmenschliche Kontakt zur schnellen Illusion trivialisierte. Zum fettigen Fastfood der Emotionen frittierte und die Kontaktaufnahme somit pervertiert. Sodass man mit zwei, drei digitalen Avataren gleichzeitig tippt und diesen abstrakten Zeichenaustausch für Kommunikation hält.
    Und aufgehört bei sämtlichen Medien. Bei denen derart klägliche Strukturen gefeiert werden, die sich früher niemand vorzusetzen traute. Filme die auf neunzig Minuten ein Effektfeuerwerk präsentieren, aber im Kern eine Handlung besitzen, die vom Anspruch her einst als Nebengeschichte erwähnt worden war und nun die komplette Sendezeit trägt. Effekte sind eben leichter verdaulich als ein filigran gesponnenes Handlungskonstrukt. Bei Spielen und der Musik nicht anders. Wobei ich natürlich keine Ausnahmen leugnen möchte.

    Aber viele wollen es so. Es strengt nicht an. Gibt nach der selbsternannt harten Arbeit ein Refugium und gewöhnt einen so nach und nach das komplexe Denken ab. Einmal extrem einseitig ausgedrückt. Muskeln, die man nicht beansprucht werden auch abgebaut.

    Zudem ist die Jugend die einzige Gesellschaftsschicht die in Sachen Werbung selbst aktiv wirkt. Dort wird getauscht und eine parallele Vermarktung betrieben. Der Zahnarzt, der Pispers gut findet, der erwähnt das vielleicht aller Schaltjahre mal gegenüber einem Patienten. Und dann auch nur, wenn dieser als Smalltalk das Thema aufgriff.
    Ein zwischen Pubertät und volljähriger Handlungsfreiheit Gestrandeter im Barth-Wahn belästigt seine Umwelt permanent mit seiner dahingehenden Sympathie. Da werden dessen Sprüche gerissen, dessen Name ins Uni-Klo gezirkelt und jedem ungefragt mitgeteilt, wie geil der doch ist und dass man sich sein Zeug auf youtube reinziehen muss. Man prahlt damit, innerhalb (oder aufgrund) der eigenen noch laufenden Suche nach Zugehörigkeit und Integrität. Zwei Dinge, die der gealterte Zahnarzt längst hinter sich gelassen hat.
    Deshalb sind jene Comedians in aller Munde, in allen Händen. Deshalb läuft deren Wirken über alle Kassenscanner und bildet somit die Kriteriumserfüllung für Ruhmüberschüttung. Doch das ist nur eine Theorie…

    […] Die Qualität der Kabarettisten haben auch Politiker erkannt (als Qualitätssiegel sollte man dies aber wohl nicht sehen) […]

    Ist das böse, peinlich oder dummdreist. Da ich soeben einen sozialen Moment durchlebe, unterstelle ich alles dreies. Wäre ja mal ein netter Zug, wenn in der Politik wenigstens ab Jahresende auf die korrekte Quellenarbeit Rücksicht genommen wird.

    […]Glücklicherweise gibt es zwischen dem ganzen Schwachsinn im deutschen TV und auf deutschen Bühnen immer wieder Lichtblicke. […]

    Jenes »Neues von der Anstalt« entpuppt sich dahingehend als interessanter Fundus. Wer hätte das gedacht…denn viele, die dort auftraten, sollte man weiterhin im Auge behalten. Da blicke ich ja fast schon wohlwollend auf das kommende GEZ-Kopfgeld, zumindest wenn ich mich der naiven Illusion hingebe, dass die auferlegte Zwangsabgabe nur deren Honorare bildet und nichts anderes.

  7. Du hast natürlich recht: Kabarett und Comedy sollte man nicht vergleichen. Sicherlich hat beides seine Daseinsberechtigung. Auch mir steht der Sinn hin und wieder nach leichter Unterhaltung. Aber muss diese dann komplett ohne ein gewisses Niveau auskommen? Ganz ohne Raffinesse? Einfach nur plump und vorhersehbar – wer braucht diese Art der Unterhaltung?

    Zum Thema GEZ-Gebühren hat sich der hoch geschätzte Herr Pispers in der Vergangenheit auch schon geäußert: http://www.youtube.com/watch?v=p-NtEjYfF48

  8. […] Aber muss diese dann komplett ohne ein gewisses Niveau auskommen? Ganz ohne Raffinesse? Einfach nur plump und vorhersehbar – wer braucht diese Art der Unterhaltung? […]

    Da hast du Recht. Plump und vorhersehbar…bei derartiger Unterhaltung fällt es mir schwer, mich zu amüsieren. Und dahingehend sollte auch Comedy Raffinesse an den Tag legen. Denn hilflos herumalbern, das kann ich auch. Und bin dementsprechend pampig, wenn ich dafür bei anderen Geld wie auch Zeit investiert habe.

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