11ter Juni 2011 – 1 1/2 Jahre Opus Mentis

Eineinhalb Jahre Opus Mentis. Wie die Zeit vergeht. Mit seinen achtzehn Monaten sollte jedes Kind das Laufen gelernt haben. Sollte nun flügge geworden sein und seinen Weg gehen.

Kann das auch von diesem Blog behauptet werden? Geradlinigkeit sowie das Gehen des eigenen Weges. Wer vermag das zu sagen. Ich jedenfalls nicht. Ich kann nur kurz innehalten und die einste Absicht mit dem nun vor mir liegenden Resultat vergleichen.

Der Blog sollte dem Schreiben dienen. Der Erwärmungsphase vor dem Kampf mit den Kapiteln. Doch dies widerstrebte ihm. Er lies sich nichts als Vorspiel missbrauchen und zwängte sich in das Hauptaugenmerk der Schreibarbeit.
Für die verstrichenen eineinhalb Jahre einerseits ein unverzeihlicher Verrat. Anderseits erwies er sich dennoch auf unerwartete Art loyal und schlang sich in ein Netzwerk. Zog stumme Leser an, Sympathisanten und Kommentatoren. Knüpfte Bekanntschaften, Freundschaften und Kontakte. Beutelte das Ego und baute es auf.

Zog die anfängliche stille Gedankensammlung, den Monolog, der einzig meinem Wohlwollen unterliegen sollte, auf die Bühne des Dialoges. Und wandelte die Motivation hin zum reinen Schreiben für andere.
Ein guter und solider Weg, den er hätte gehen können. Themen der Alltagstrivialität wären dabei durchaus legitim gewesen. Wenn nicht ich zu oft vom Weg abgekommen wäre. Im Sinne der Emotion.

Ausgenommen der Emotionen, die sich im Wort entladen. Da Gedanken der Wut, der Heiterkeit oder bedingter Schwere den Artikeln ihre Atmosphäre und ihren Nachhall geben.
Doch allzu oft starrte ich auf den Monitor. Ohne Wut und ohne Heiterkeit.

Schwere lähmt. Deren Gewicht ist wie ein gläserner Sarkophag. Man kann alles sehen, doch die Wahrnehmung ist gedämpft. Und ewig verfolgt einen das Gefühl, das Hirn durch die Nase gezogen bekommen zu haben.
Man ist Zombie im Geiste. Gedankenapathisch und schlimmer noch, man ist unfähig zur Tat. Keine Tat, keine Freunde, weitere Schwere aufgrund eigens provozierten Frusts. Und man erhofft den Tag, an dem es einen endlich erdrückt. Aber dies ist nur ein Metapher und kein physischer Akt mag einen somit erlösen.

Das Schweigen dieser Worte war oft sehr befreiend. Und ebenso oft ist es die Qual. Oft genug möchte ich schreien. Meine Existenz heraus aus den stillen Worten brüllen. Um mir selbst zu zeigen, dass ich noch lebe. Doch mehr bin als die Ecken dieses Zimmers…

…einige Zeit hatte ich meinen Arbeitsplatz in einem Keller aufgeschlagen. Umgeben von grob verputztem Mauerwerk, niedrigen Decken und matten Rohrleitungen. Ein Gewölbe, das einst als Gästewohnraum geplant gewesen war, aber nie die dahingehend vollendeten Arbeitsschritte erfahren hatte.
Und somit ordinärer Keller blieb. Mit schattigem Gang und uneinladenden Räumen.

Ein schmales Fenster ohne Sicht. Ein Rechner ohne Internet und ohne Ablenkung. Licht ohne Wärme und eine Tür ohne Störung. Und doch eine Isolation in aller Ehrlichkeit. Die mich antrieb. Seltsamer Weise nicht blockierte.

Es mag vor fünf Jahren gewesen sein. Zeit heilt keine Wunden, es lässt sie nur vernarben.
Dreieinhalt Jahre vor Opus Mentis. Vor dem Aufstieg und Fall. Vor dem Streben und Unterlassen.
Eineinhalb Jahre dieser Blog.
Welch´ Anlass für eine Feier, für eine Gratulation. Ich sehe schon den Schwarm der Journalisten, die mich Fragen fragen, um persönliche Faszination über diesen Zustand zu heucheln.

Und wenn ich mir schon selber gratuliere, so kann ich mich auch selber ausfragen. Allerdings fallen mir zur Zeit keine Fragen ein.
Fragt man sich doch selbst nur Dinge, die man wissen will und doch schon weiß. Und wer will das schon…

[…]Mein Schweinehund heißt Don Quijote und ich bin der Esel auf dem er sitzt…das Leben ist die Windmühle am Bachlauf. Völlig nutzlos bei Windstille und ohne Worte[…] Opus Mentis, 19ter Februar 2010

6 Gedanken zu „11ter Juni 2011 – 1 1/2 Jahre Opus Mentis

  1. Na dann Happy Birthday! Auch wenn 1,5 Jahre kein voller Geburtstag ist. Aber es ist mal was anderes und passt daher zu Dir. Ich schätze Deine Art zu schreiben, mag viele Deiner sehr treffenden Formulierungen (hier zum Beispiel: Beutelte das Ego und baute es auf.) und lausche bei manchen Themen gern Deinem ehrlichen, inneren Diskurs mit Dir selbst. Es ist eben auch Direktheit, für die Du stehst und das gefällt mir (auch wenn es manchmal „weh“ tut haha).

    Manche Artikel sind mir zu lang – da würde eines Deiner meist sehr schönen Bilder etwas Auflockerung bringen. Das nur so als Anregung.

  2. Danke für die Blumen. ;)

    […]Manche Artikel sind mir zu lang[…]

    Mir beim Gegenlesen auch. Eines der Dinge die wohl das konzeptlosen Tippen und die Themensprünge bedingt.

    Über eine optische Auflockerung werde ich nachdenke. Oder mir einfach eine klarere Aussage angewöhnen. Vielleicht die Themenbrüche mindern und lieber zwei Artikel setzen, als einen allzu langen Aufsatz im Raum stehen zu lassen. Mal schauen. Ansonsten hilft es nur, in Etappen zu lesen.

    Interessanter Weise hatte ich früher in der Realschulepoche, meiner dahingehenden Laufbahn, Probleme damit, beim Aufsatz über die 700-Wörter-Grenze zu steigen. Wenn meine damalige Deutschlehrerin wüsste, was aus mir geworden ist…

  3. Optische Auflockerung wäre wie gesagt toll – für dich als Grafiker sollte das ein Leichtes sein ;o) – oder eben verschiedene Themen in verschiedene Artikel packen. Letzteres stelle ich mir bei Dir aber schwierig vor, weil vieles ja im aufgeschriebenen Gedankenspiel entsteht (wo man manchmal eben schnell auf ein anderes Thema kommt und bewusst-gewollt abschweift).

    Echt, Du.Hast.Zu.Wenig.Geschrieben.Früher? Beinahe unglaublich. Es hat aber wohl auch immer was mit dem Thema zu tun. Es ist ein Unterschied, ob man über ein Thema schreiben will oder schreiben soll. Bei mir jedenfalls.

  4. In der Tat.

    Bis zur 10ten war ich im Deutschunterricht recht uninteressiert und maulfaul. Das geschriebene Wort begeisterte mich kaum, es sei denn es war in Sprechblasen oder Musik verpackt, und mit Begriffen wie »Interpretation« oder »Erörterung« erntete man bei mir nur genervtes Stöhnen. Wohl unnötig zu erwähnen, dass sich dieses auch in der Notengebung widerspiegelte.

    Erst später, als der Umgang mit der Sprache nicht mehr der zeitfressenden Pflicht angehörte, überkam mich die Leidenschaft. Und das auch recht explosionsartig.

    Somit…von einem 4er-Notenschnitt in die Hörsäle der Germanisten. Und hätte die Situation damals nicht so am Rad gedreht, hätte ich dahingehend wahrscheinlich auch meinen Abschluss.
    Wie auch immer, da kann man mal sehen, was die Noten gegenüber einer langfristigen Leistungs- und Interesseneinschätzung taugen. Nämlich nicht das geringste. Man sollte deren Aussagekraft auf drei Jahre begrenzen.

  5. Auch wenn Geburtstage nicht meine Lieblingstage sind, so ist doch 1,5 Jahre eine schöne Zeit, stolz zu sein. Stolz darauf in deinem unsteten Geist so etwas wie ein öffentliches Gedächtnis deiner Gedanken zu etablieren. Ein Platz, sich selbst zu erinnern und dem Leser einen Einblick in den Autor zu verschaffen. Ein Blog, der so wortreich ist wie Deiner, ist eine Herausforderung, bietet aber schöne Gelegenheit, den Menschen Guldhan ein wenig kennen zu lernen. Danke für 1,5 Jahre.

  6. Merci beaucoup mon ami.

    […]Ein Blog, der so wortreich ist wie Deiner, ist eine Herausforderung[…]

    Phrasen, Metapher, Gedankenbrüche, kryptische Wortspielerei. Man kann den Leser auf so viele Art zum konzentrierten Lesen nötigen, während dieser hingegen den Text nur grob überfliegen wollte.
    Und ich gebe gerne zu, dass der Blog auch für mich eine Herausforderung darstellt. Vor allem, wenn ich alte und allmählich vergessene Artikel wieder hervorhole und dabei von meinem eigenen Schreibstil belästigt werde.

    In diesem Sinne.
    Mal schauen, wohin die Zeit dieses Geschehen leiten wird.

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